AKTUELL
22. September 2021
KAPPELER MILCHSUPPE
Persönliche Erklärung Pascal Engel, GGR-Sitzung 22.9.2021
„Es isch doch nume no chli Druck
Wärdet doch nid so verruckt“
(So singt Yoki in ihrem Lied «Numeno»)
An Corona scheiden sich die Gemüter. Jede Seite will die andere in die «richtige Haltung» bringen. Viele mögen nicht mehr diskutieren. Und jene die es tun, hören einander nicht mehr zu. Der Dialog bricht zusammen. Die Fronten sind verhärtet. Der Ton verschärft sich, man wirft sich Beleidigungen an den Kopf, schiebt sich gegenseitig die Schuld an der jetzigen Situation in die Schuhe... Chats, Soziale Medien sogar Dating werden entlang dieser neuen Kriterien organisiert. Was wir im Moment beobachten, erleben, ist die Spaltung der Gesellschaft.
Ich halte für eine grosse Gefahr für unser Land. Ähnlich wie gewisse Zerreissproben in der Geschichte der Schweiz: als im 1. WK der Röstigraben aufbrach, Klassenkampf und Landesstreik 1917, Faschisten vs. Kommis im 2. WK und in den Jahrhunderten davor, die Religionskriege.
In wenigen Jahren feiern wir «500 Jahre Kappeler Milchsuppe» (1529). Damals ging man wegen unterschiedlicher Glaubensbekenntnisse aufeinander los. Bei Kappel am Albis standen sich Truppen aus dem reformierten Zürich und der katholischen Innerschweiz gegenüber .... Und dann? Dann haben sich die beiden zerstrittenen Parteien hingesetzt und zusammen gegessen: die Kappeler Milchsuppe.
Heute ist auch eine Art Glaubenskrieg im Gang. Die einen sagen, wir kommen aus der Situation nur raus, wenn alle mitmachen und sich impfen lassen. Die andern sagen, vergiss es, wir haben schon viel zu lange mitgemacht, setzen wir dem ein Ende, indem wir nicht mehr mitmachen... Gute Staatsbürger vs. Anarchisten? Aufgeweckte vs. Mitglieder des neuen «Covid-Kultus» (wie das der in Berlin lebende amerikanische Schriftsteller C. J. Hopkins formuliert in seinem Essay The Covidian Cult, consentfactory.org).
Brauchen wir heute wieder eine Kappeler Milchsuppe für die beiden Lager entlang der «Corona-Verwerfungs-Linie»?
Die Exekutive kann sich Mühe geben, den Menschen nicht auf den Schlips zu treten. Und wer die Faust im Sack macht, soll den Gerichtsweg einschlagen. Das ist besser als Schmierereien an den Schulhäusern oder Apfel-Schorle ins Gesicht spritzen, und durchaus erfolgsversprechend, wie wir u.a. in den Kantonen Solothurn und Basel-Landschaft gesehen haben: Ein paar aufgebrachte Mütter vom Verein «Kinder atmen auf» wehren sich gegen die Maskenpflicht und bezwingen das Volkschulamt (Verwaltungsgericht Solothurn Urteil vom 21. Juni, VWBES.2021.143). So etwas ist möglich in der Schweiz!
Hier im Rat suchen wir das Beste für Adliswil und setzen wir uns für das Wohl aller ein, auch jener, die nicht auf unserer Linie sind... Unterschiedlichen Meinungen sind nicht das Problem, sondern wie wir damit umgehen. Das ist eine Frage der Kultur. In der Schweiz haben wir das in der Vergangenheit immer wieder gut hingekriegt, den Rank gefunden. Es wäre schade, wenn es diesmal nicht klappen würde! Das wäre nicht mehr die Schweiz, die wir alle gernhaben.
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